Mit rund 27’000 Mitarbeitenden sind im privaten Sicherheitsdienst mehr Personen im Einsatz als in den Schweizer Polizeikorps mit rund 18‘000 Mitarbeitenden. Immer mehr Aufgaben werden an private Unternehmen delegiert. Wie präsentiert sich die Situation in der täglichen Praxis?
Kolumne Recht direkt von Franz Kohler
Im Jahr 2019 waren rund 24’000 Mitarbeitende bei rund 800 Sicherheitsunternehmen beschäftigt, so dürften zum jetzigen Zeitpunkt etwa 27’000 Mitarbeitende im Sicherheitsdienst tätig sein – also deutlich mehr als in den kantonalen Polizeikorps mit 18’000 Mitarbeitenden. Schätzungen zufolge, sind etwa 10% der privaten Mitarbeitenden bewaffnet. Sei es mit Schlagstöcken oder Schusswaffen.
Was darf privates Sicherheitspersonal?
Die Konferenz der Kantonalen Justiz und Polizeidirektorinnen und -direktoren definiert detailliert die Aufgaben privater Sicherheitsdienstleister. Nicht erläutert sind hingegen die Rechte der privaten Sicherheitsdienste. Grundsätzlich haben Mitarbeitende aus dem Sicherheitsbranche nicht mehr Rechte als jeder Schweizer Bürger. So sind ihnen Ausweiskontrollen vorzunehmen oder Wegweisungen auszusprechen, nicht erlaubt. Physische Gewalt ist nur bei Notwehr, Notwehrhilfe, einem Notstand oder einer Notstandshilfe erlaubt. Hierbei gilt auch das private Festnahmerecht, also das Arretieren von Personen bis zum Eintreffen der Polizei. Nicht zulässig sind Personenkontrollen, Gewahrsam, Wegweisung und Fernhaltung, die Durchsuchung von Personen und Räumen sowie die Anwendung von Zwangsmitteln wie Fesselung, Körpergewalt oder Schusswaffeneinsatz.
Schwierig gestaltet sich die Beurteilung der Rechtmässigkeit von Interventionen durch private Sicherheitsdienste dann, wenn ihnen von einem Auftraggeber das Hausrecht übertragen wird.
In der Westschweiz besteht ein Konkordat, das die Rechte und Pflichten von privaten Sicherheitsdienstleistern regelt. Eine schweizweite Lösung liegt in weiter Ferne.
Mehr private Sicherheitsdienste
Da die Polizeikorps chronisch unterdotiert sind, sehen sich Kommunen und Private dazu gezwungen, ihre Sicherheit durch private Anbieter gewährleisten zu lassen. Weiter muss die Polizei immer mehr Aufgaben mit unverändertem Personalbestand wahrnehmen. Entsprechend schwierig ist es, das bestehende Personal zu halten und neues zu rekrutieren. Hinzu kommt, dass sich Übergriffe auf Mitarbeitende von Blaulichtorganisationen verstärkt haben und die Polizei nur beschränkte Mittel zur Verfügung hat, der zunehmenden Gewaltbereitschaft zu begegnen.
Weiter fehlt in manchen Städten und Kantonen der politische Wille, der Situation zu begegnen. Als wahrgenommenes Instrument eines «repressiven Staats», werden der Polizei sowohl personelle als auch technische Ressourcen verweigert.
Komplementärfunktion privater Sicherheitsdienste
Private Sicherheitsdienste übernehmen eine wichtige Funktion beim Gewährleisten der öffentlichen Sicherheit. Sie unterstützen die überlasteten Polizeikorps und tun das in der Regel verantwortungs- und wirkungsvoll. Etablierte Sicherheitsdienstleister erfüllen und dokumentieren hohe Qualitätsanforderungen. Eine kantonsübergreifende Kontrolle der Branche würde die schwarzen Schafe eliminieren, was im Interesse aller und im Interesse der Rechtssicherheit liegt.
Der chronische Unterbestand bei den Polizeikorps und die zunehmende Rechtsunsicherheit in Bezug auf das Gewaltmonopol des Staats verunsichert die Bevölkerung. Der Spielraum der schwarzen Schafe unter den Sicherheitsdienstleistern nimmt zu, jener der Polizei nimmt ab. Das Gefühl von Sicherheit in der Bevölkerung kann nur dann sichergestellt werden, wenn der Personalbestand in der Polizeikorps auf einen angemessenen Bestand angehoben wird und die Polizistinnen und Polizisten über das notwendige technische und rechtliche Instrument verfügen, Recht durchzusetzen. Erst dann kann privaten Sicherheitsdiensten die Rolle zugewiesen werden, die ihnen zusteht.
Franz Kohler (1955) ist Vorstandsmitglied des Schweizerischen Interessenverbands des bewaffneten Sicherheitsgewerbes SIBS und setzt sich in dieser Funktion für mehr Sicherheit beim Umgang mit Waffen insbesondere bei professionellen Waffentragenden ein.