Gute Absichten sind nicht dasselbe wie gute Resultate. Das gilt auch im Bereich Gewaltprävention. Je nachdem, wie durchdacht und realitätsnah Massnahmen zur Gewaltprävention sind, können sie Gewalt dämpfen, nichts gegen sie ausrichten oder sie sogar fördern.

Präventionskampagne Zürich schaut hin
Gut gemeint, wenig sinnvoll – Präventionskampagne «Zürich schaut hin» der Stadt Zürich

Ineffizient: Prävention durch Sensibilisierung der Täter

An Gewalt- und Sexualverbrechen sind ausschliesslich die Verbrecher schuld. Das versteht sich von selbst. Bei der Prävention auf potentielle Täter zu fokussieren, ist aber trotzdem nicht ratsam. Erstens verübt so oder so nur eine kleine Minderheit von Personen Delikte gegen Leib und Leben. Grossflächige Kampagnen sind dementsprechend wenig sinnvoll. Und zweitens führen nicht mangelnde Strafrechtskenntnisse oder Kommunikationsmissverständnisse zu Gewalt- und Sexualverbrechen, sondern der Wille der Täter, ihren Opfern grundlos massives Leid zuzufügen. Wie verschiedene wissenschaftliche Studien belegen, ist es Wunschdenken, dass sich dieser Wille durch «Aufklärungslektionen» oder «Sensibilisierungskampagnen» wesentlich beeinflussen lässt.

piusicur geht von der generellen Nutzlosigkeit täterfokussierter Prävention aus. Aus diesem Grund besteht piusicur auf grösste Umsicht und Skepsis bei der Evaluierung und Implementierung entsprechender Massnahmen.

Inakzeptabel: Prävention durch Einschränkung der Opfer

Recht muss vor Unrecht nicht weichen. Auch zur Verhinderung von Gewalt- und Sexualverbrechen nicht. Im Ausnahmefall kann es zwar vernünftig sein, sich einzuschränken, um einer Gefahr für Leib und Leben zu entgehen: zum Beispiel, wenn man eine Bar nicht betritt, in der gerade eine Massenschlägerei stattfindet. Präventionsansätze, die grundsätzlich auf Ausweich- und Meidverhalten abzielen, sind jedoch inakzeptabel. Sie bekräftigen die Täter in ihren Grenzüberschreitungen, vermitteln den Opfern ein Gefühl des Ausgeliefertseins und machen Ideale wie Pluralismus und Diskriminierungsfreiheit zur Farce.

Prävention, die — beabsichtigt oder unbeabsichtigt — auf eine Selbstbeschränkung potentieller Opfer hinausläuft, lehnt piusicur entschieden ab. Empfehlen oder unterstützen staatliche oder gesellschaftliche Akteure opferbeschränkende Massnahmen, verlangt piusicur Rechenschaft.

Der richtige Weg: Prävention durch Empowerment der Opfer

In der einschlägigen Forschung ist längst bekannt: Das beste Mittel zur Vorbeugung von Gewalt ist die Inaussichtstellung und — im Extremfall — die Verübung von Gegengewalt. Insbesondere genaue Auswertungen von Opferbefragungen haben in den letzten zwanzig Jahren zwei entscheidende Erkenntnisse zutage gefördert:

  • Je gewaltsamer die Gegenwehr des Opfers, desto geringer die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Viktimisierung durch den Täter
  • Opfer, die sich gewaltsam wehren, gehen kein signifikant höheres Risiko ein, durch den Täter verletzt zu werden

Vor diesem Hintergrund ist klar: Das zentrale Element der Gewaltprävention muss sein, aus potentiellen Opfern eine möglichst grosse Gefahr für potentielle Täter zu machen. Das richtige Mittel hierzu ist Empowerment: ein Selbstverteidigungstraining, das die Verbesserung der Gefahrenerkennung und den Aufbau mentaler Stärke genauso berücksichtigt wie die Erhöhung körperlicher Wehrhaftigkeit.

piusicur fordert, dass sich sowohl staatliche wie auch von der öffentlichen Hand unterstützte private Präventionsstellen am Empowerment-Ansatz orientieren. Zusammen mit geeigneten Partnern führt piusicur zudem verschiedene Empowerment-basierte Präventionskurse durch.