Schweden gilt oft als Aushängeschild für einen sicheren, modernen und gesunden Staat. Doch sind die Skandinavier wirklich Vorbilder oder eher ein abschreckendes Beispiel? Der schweizerisch-schwedische Doppelbürger Sven Brander schreibt über Probleme, die hierzulande kaum medial beleuchtet werden.
Kolumne Recht direkt von Sven Brander
Schweden, das Land von Pipi Langstrumpf und Nils Holgersson. Eine Idylle im Norden. Ein Wohlfahrtsstaat, der zwar hohe Steuern erhebt, dafür seinen Einwohnern ein sicheres und angenehmes Leben in jeder Hinsicht bietet. Ein stabiles Sozialsystem. Medizinische Topversorgung für alle. Selbstverständlich auch eine hervorragende innere Sicherheit.
Wenn ich Ihnen nun sage, dass alle diese positiven Attribute heutzutage in die Märchensektion gehören wie die Bücher von Astrid Lindgren, haben Sie vermutlich Mühe, mir zu glauben. Leider ist es so, dass sich Schweden seit den 1990er Jahren in die Richtung eines gescheiterten Staats entwickelt. Ende des letzten Jahrtausends sind die Schweiz und Schweden in relevanten Bereichen praktisch gleich auf.
Dass etwas in Schweden schief läuft, fiel mir zum ersten Mal 2005 auf, als wir nach einem kleinen Bummel in der Stadt Malmö am nächsten Tag in der Zeitung lasen, dass dort, wo wir am Tag zuvor durchgegangen waren, 15 Minuten später ein Mann im Kaffee sitzend vor aller Augen erschossen wurde. Es war ein Auftragsmord unter Banden. Malmö, diese schöne Stadt in Südschweden, fing an, sich wie der Rest des Landes, zu verändern. Plötzlich gab es vermehrt Messerstechereien, und Krankenwagen konnten nur noch mit Polizeischutz in gewisse Gebiete der Stadt, da die Bandenmitglieder festlegten, wer nach einer Auseinandersetzung mitfahren durfte.
Diese Veränderung wurde beschleunigt durch eine planlose und masslose Migrationspolitik. Schweden wollte zu einer humanitären Grossmacht werden. Die Regierung hatte bereits Ende der 90er Jahre Ghettos geschaffen (die sie natürlich nicht so nannte) und holte im Laufe der nächsten Dekaden rund 2 Millionen Menschen ins Land. Es entstanden Parallelgesellschaften, und Finanzmittel wurden weggeleitet vom Gesundheitswesen oder der Polizei. Das Gesundheitswesen ist seit Jahrzehnten in der Krise. Dies ist auch ein wichtiger Grund, weshalb Schweden nicht den gleichen Weg in der Pandemie ging wie der Rest der Welt. Das Gesundheitssystem ist in der Regelsituation bereits überlastet.
Sicherheitspolitisch fällt man, trotz sehr strenger Waffengesetze, in Europa durch eine einzigartig hohe Anzahl an Schiessereien und Sprengmittelangriffen auf. Im Jahr 2022 gab es laut polizeilicher Statistik 391 Schiessereien mit 62 Toten und 107 Verletzten. Das sind also mehr als eine Schiesserei pro Tag. Mehr als ein Toter und zwei Verletzte pro Woche. Hinzu kommen 349 Sprengmitteldelikte im gleichen Jahr mit 90 Detonationen. Das sind zum Beispiel Angriffe mit Handgranaten auf Polizeifahrzeuge.
Bis vor Kurzem wurden selbst krasseste Ereignisse im deutschsprachigen Raum kaum grösser bekanntgemacht. Ein «Drive-by-Shooting» 2018 in der Stadtmitte von Malmö mit drei Toten und drei Schwerverletzten war dem SRF keine Meldung wert.
Es wird in der Waffendebatte viel über «amerikanische Verhältnisse» gesprochen, mit dem Augenmerk auf angeblich zu laschen Gesetze. Würde wir dieser Argumentation folgen und dem Hauptfaktor Waffengesetz grösste Kredibilität geben, wäre es unmöglich, dass die Schweiz sicherer ist als Schweden. Erklärbar ist es, weil die Kriminellen sich per Definition nicht an Gesetze halten.
Entsprechend muss uns bewusst werden, dass die Debatte öffentlich extrem einseitig geführt wird. Die Faktoren Kultur und die Waffentraditionen in Verbindung mit den gesamtgesellschaftlichen Verhältnissen sind viel wichtiger für die öffentliche Sicherheit als ein repressives Waffenrecht für Legalwaffenbesitzer.
Wir Schweizerinnen und Schweizer müssen uns dem bewusst werden und zu unserer soliden und wertvollen Waffenkultur sowie unserer noch relativ stabilen Gesellschaft Sorge tragen.
Der Autor Sven Brander (Jg. 1987) ist schweizerisch-schwedischer Doppelbürger, Co-Präsident der Schützengesellschaft Ziefen BL und setzt sich verstärkt mit dem Waffenrecht und dem Fehlen einer sachrichtigen und holistischen medialen Berichterstattung auseinander, verstärkt seit der Abstimmung zur Übernahme der EU-Waffenrichtlinie im Jahr 2019.