Interview: piusicur – Ein neuer Player in der Sicherheitspolitik

Sicherheit ist ein menschliches Grundbedürfnis. Wie die neusten polizeilichen Kriminalstatistiken aufzeigen, stieg die Kriminalität in der Schweiz und Europa in den letzten Jahren massiv. Um dem entgegenzuwirken, wurde im Jahr 2021 ein sicherheitspolitischer Verein mit dem Namen piusicur gegründet. Ein Verein, von dem man in der Öffentlichkeit noch nicht viel gehört hat und der trotzdem sehr gut vernetzt ist. Grund genug für Toggenburg24 herauszufinden, wer oder was piusicur ist und was der Verein bezweckt. Der Präsident des Vereins, Herr Luca Filippini, stellt sich im Interview unseren Fragen.

Text: Marcel Furrer, Toggenburg24

Herr Filippini wer oder was ist, piusicur?
Wer Nachrichten liest, sieht oder hört, kann derzeit nicht übersehen, dass Meldungen zur Kriminalität, zu Vergehen und Verbrechen, an der Tagesordnung sind, vor allem in urbanen Gebieten.
Bei piusicur handelt es sich um einen unabhängigen, gesamtschweizerisch agierenden sicherheitspolitischen Verein mit Fokus auf die innere Sicherheit.
Die Mitglieder stammen aus der ganzen Schweiz und aus allen sozialen Schichten. Der Verein ist parteipolitisch neutral, unsere Mitglieder kommen jedoch aus allen gängigen Parteien, von Links bis Rechts.
Das ist auch gut so, denn Sicherheit ist zu wichtig, um damit Opportunismus zu betreiben oder sie politisch zu ideologisieren.
Sicherheit betrifft alle und in der Konsequenz bedeutet zunehmende Gewalt die Abnahme von Lebensqualität.
Die Tätigkeit von piusicur ist ausschliesslich auf die Erhöhung der persönlichen Sicherheit aller in der Schweiz lebenden Menschen ausgerichtet. Das Credo von piusicur lautet: Gewaltquoten senken, ohne das Vermeidungsverhalten zu erhöhen, und das so freiheitlich und kostengünstig wie möglich.

Was bedeutet der Name piusicur?
Der Name ist ein Wortspiel, welcher sich aus den Fragmenten von „piu“ für „mehr“ und „sicuro“, was Sicherheit bedeutet, zusammensetzt. Der Name bedeutet also mehr Sicherheit.
Ganz korrekt ist die Bezeichnung in keiner der Schweizer Landessprachen. Verständlich ist der Name aber in jedem Landesteil. Und damit ist die Formulierung so schweizerisch wie wir.

Welche Ziele hat piusicur?
Der Anteil an Gewalt- und Sexualdelikten nimmt seit Jahren stetig zu, hinzu kommt eine wachsende Gefahr durch Terrorismus und indirekt durch die internationale geopolitische Lage – nicht nur durch Konflikte, sondern vor allem auch durch Migrationsströme.
Das bedeutet, dass sich vor allem auf der Strasse die Sicherheitslage geändert hat.
Trotzdem bleibt die Sicherheitspolitik auch für viele bürgerliche Politiker in erster Linie eine Diskussion über die Landesverteidigung, was durch den Ukraine-Konflikt zusätzlich an Bedeutung gewonnen hat.
Bisher beschäftigte sich zudem kein Akteur der nationalen Sicherheitspolitik primär mit der inneren Sicherheit.
Mit der Gründung von piusicur wollen wir diesen Trend ändern. Wir sind auch der Meinung, dass Menschenrechte bei Leib und Leben beginnen.

Was genau tut piusicur?
Wir betreiben kontinuierliche Lobbyarbeit, um mehr persönliche Sicherheit zu erreichen. Diese Arbeit umfasst mehrere Aspekte. Einer davon ist Forschung und Information auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse.
Der Kampf gegen Gewalt ist ein komplexes Thema. Wer ernsthaft zu einer Trendwende beitragen will, kann nicht einfach etwas fordern, sondern muss zunächst die Fakten kennen und die richtigen Schlussfolgerungen ziehen.
Der zweite Schritt ist, diese Schlussfolgerungen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, um echte Präventionsarbeit zu leisten und sie gegebenenfalls in die Politik einzubringen.
In der Politik wird vielfach polemisiert oder aus ideologischen Gründen etwas behauptet, ohne dass die entsprechenden Fakten einbezogen werden oder überhaupt bekannt sind, welche wissenschaftlich basiert vorhanden wären. Hier setzt piusicur ebenfalls an und stellt den politischen Entscheidungsträgern diese Daten zur Verfügung.
Wir sind gut vernetzt mit National- und Ständeräten aus verschiedenen Parteien, wie auch mit Kantonsräten aus den verschiedenen Kantonen. Hinzu kommen gute Kontakte zu Wirtschaft, Justiz, Polizei und Armee. Das erleichtert es politische Vorstösse machen zu können.
Auf politischer Ebene haben unsere Unterstützer im Parlament in den letzten Jahren eine Reihe von parlamentarischen Vorstössen eingereicht und arbeiten mit uns zusammen, indem sie Artikel zu den von uns vorgebrachten Themen in der Presse schreiben.

Weshalb haben Sie sich entschieden, den Verein zu präsidieren?
Weil ich erkannt habe, dass die ständige Zunahme der Gewalt in der Schweiz ein ernsthaftes Problem ist und weil ich nicht tatenlos zusehen wollte, sondern nach dem Prinzip des Milizdienstes zur Lösung des Problems beitragen will.
Ausgehend von der Eigenverantwortung gehe ich nach wie vor von der Notwendigkeit und Fähigkeit des einzelnen Bürgers aus, sich gegen gewaltsames Unrecht wehren zu können, selbstverständlich unter Einhaltung der gültigen Gesetze. Dieses Prinzip ist im Alltag leider verloren gegangen. Vielfach auch durch mangelnde Zivilcourage.
Die Fähigkeit zur Selbsthilfe ist aber notwendig – schon deshalb, weil die allermeisten Gewaltverbrechen weniger als 30 Sekunden andauern. Aufgrund der geringen Polizeidichte in der Schweiz und der teilweise langen Anfahrtswege, ist die Polizei aber praktisch immer erst nach einigen Minuten am Einsatzort.
Wir wollen dazu beitragen, mehr zu informieren, um möglichst viele Straftaten verhindern zu können.
Mit dem Konzept des Empowerments, die Hilfe zur Selbsthilfe, wollen wir dazu beitragen. Die Leute müssen wieder lernen auf ihr Bauchgefühl zu hören, um kritische Situationen erkennen und abwenden zu können. Sei dies durch Verhaltenstraining oder auch durch entsprechende Selbstverteidigungskurse. Der Verein piusicur will hier Hand dazu bieten.

Welche Herausforderungen sehen Sie?
Aktuelle Zahlen, wie jene der Kriminalstatistik der Polizei, zeigen uns, dass die Delikte in der Schweiz weiter zunehmen. Besonders beunruhigend ist die Zunahme der schweren Gewaltdelikte.
Die innere Sicherheit verschlechtert sich und ebenso das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung. Der früher hohe Sicherheitsstandard ist historisch wie auch wirtschaftlich eine Stärke unseres Landes, aber diese Stärke nimmt ab.
Das kann langfristig auch dem Wirtschaftsstandort Schweiz schaden.
Leider lügen die Zahlen nicht und bestätigen, dass die Schweiz nicht mehr sicher ist. Obwohl klar ist, dass eine gewaltfreie Gesellschaft nicht realisierbar und eine Illusion ist, ist eine Fortsetzung und Intensivierung der Präventions- und Informationsarbeit unabdingbar.
Dass die schweren Verbrechen in der Schweiz noch stärker zugenommen haben, muss unsere Alarmglocken läuten lassen – Es gibt viel zu tun.
Vor allem im Bereich Empowerment, indem die Bevölkerung informiert und geschult wird, um einfache Techniken und Massnahmen zu treffen, die verhindern, Opfer von Verbrechen zu werden.
Denn es hat niemand die Pflicht Opfer zu sein!

Wie finanziert sich piusicur?
Der Verein gehört keiner politischen Partei oder einem Wirtschaftsverband an. Wir sind daher komplett unabhängig und sind niemandem verpflichtet. Die Ausgaben von piusicur finanzieren sich durch Mitglieder- und Gönnerbeiträge oder durch Spenden.

Herr Filippini, ich danke Ihnen für das Interview und die klaren Aussagen.
Ich danke Ihnen. Das Interview trägt dazu bei den Verein piusicur und die Idee dahinter bekannter zu machen.

Luca Filippini, arbeitet als Generalsekretär im Tessiner Sicherheitsdepartement unter Regierungsrat Norman Gobbi.

Im Nebenamt ist er Präsident des Schweizerischen Schiesssportverbandes SSV und bekleidet im Militär den Rang eines Obersten.